NOVO verbaut Rimbach die Chance auf eigene „Gemeindeschwester“

NOVO verbaut Rimbach die Chance auf eigene „Gemeindeschwester“

„Schade. NOVO verbaut der Gemeinde Rimbach – wahrscheinlich ohne böse Absicht – die Chance auf eine eigene ‚Gemeindeschwester 2.0′“, kommentiert Bernd Maurer, Rimbacher FDP-Orts- und Fraktionsvorsitzender, einen Tagesordnungspunkt der letzten Sitzung der Gemeindevertretung.

Zum Hintergrund: Das Hessische Sozialministerium hat zunächst für zwei Jahre ein Programm „Gemeindeschwester 2.0“ aufgelegt. 1,85 Millionen Euro aus der Landeskasse werden jährlich dafür ausgegeben, dass sich eine „Gemeindeschwester 2.0“ um psychosoziale Problemlagen älterer Menschen kümmert, auch wenn diese keinen Pflegebedarf haben. Auf Basis einer Bedarfsermittlung soll die „Gemeindeschwester“ erforderliche Hilfen besonders für ältere Menschen organisieren und sie bei der selbstständigen Lebensführung und der sozialen Teilhabe unterstützen. Antragsberechtigt für dieses Programm sind Kommunen und Hausärzte. Das Projekt ist als Beitrag zur Förderung des ländlichen Raums gedacht, den sich die Hessische Landesregierung auf die Fahnen geschrieben hat.

Die Fraktionen von SPD und FDP in der Rimbacher Gemeindevertretung wollten das „Eisen schmieden, solange es heiß ist“ und stellten am 25. April zur Behandlung in der Sitzung vom 15. Mai folgenden Antrag: „Der Gemeindevorstand wird beauftragt, beim Hessischen Ministerium für Soziales und Integration einen Antrag auf Unterstützung durch eine Gemeindeschwester 2.0 zu stellen und die entsprechenden Fördermittel aus der Förderausschreibung ‚Gemeindeschwester 2.0‘ zu beantragen.“

Was sie nicht wussten: das interkommunale „Netzwerk Ortsnahe Versorgung im Odenwald“ (NOVO) hatte Gleiches vor und stellte seinerseits einen entsprechenden Förderantrag. Dieser bezog sich aber nicht speziell auf die Gemeinde Rimbach, sondern auf das Gesamtgebiet, das von NOVO abgedeckt wird, also neun Odenwald-Kommunen mit insgesamt 69.000 Einwohnern. „Gute Idee“, kommentiert Maurers Fraktionskollege Roland von Hunnius, „aber das ist nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Mit dem Antrag von SPD und FDP hätte die Gemeinde Rimbach mit ihren 8.700 Einwohnern eine eigene ‚Gemeindeschwester‘ bekommen. Mit NOVO dagegen arbeitet künftig eine ‚Gemeindeschwester‘ für die achtfache Zahl von Einwohnern und muss zudem noch zwischen den Gemeinden Absteinach, Birkenau, Fürth, Grasellenbach, Mörlenbach, Rimbach, Wald-Michelbach und Lautertal sowie der Stadt Lindenfels pendeln.“ Die nicht zu NOVO gehörenden ländlichen Gemeinden des Kreises wie etwa Biblis oder Groß-Rohrheim gehen sogar völlig leer aus.

Auf einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erklärte die NOVO-Geschäftsführerin Tanja Kögel, das Land bewillige pro Landkreis maximal einen Förderantrag für die „Gemeindeschwester 2.0“. Ein eigener Antrag der Gemeinde Rimbach sei mithin chancenlos und könne sogar den NOVO-Antrag gefährden. Schließlich hatte Rimbachs Bürgermeister Holger Schmitt auf einer Bürgermeisterdienstversammlung die Zusage erhalten, dass die von NOVO beantragte Gemeindeschwester ihren Dienstsitz in Rimbach haben werde. Daraufhin zogen die SPD- und die FDP-Fraktion ihren gemeinsamen Antrag zurück. Bernd Maurer fügt hinzu: „Mit großem Bedauern. Denn unsere Initiative hätte bei positiver Beurteilung durch das Sozialministerium den Menschen wesentlich mehr gebracht als das gut gemeinte, aber völlig unzureichende Konzept von NOVO“. Inzwischen wurde der NOVO-Antrag von Wiesbaden genehmigt und der Förderbescheid feierlich überreicht. Die Gemeinde Rimbach leistet ihren Beitrag durch die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes für die künftige „Gemeindeschwester 2.0“ im Rathaus. Oft sehen werden die Rimbacher sie allerdings nicht, wenn sie ihre Aufgabe ernst nimmt und ständig zwischen Lautertal und Abststeinach pendelt. Für den Fall, dass das Programm über den 31.12.2019 hinaus verlängert und vielleicht sogar aufgestockt wird, kann sich Bernd Maurer einen erneuten Vorstoß zugunsten einer für die Gemeinde Rimbach maßgeschneiderten Lösung vorstellen. Dann könnte der jetzt zurückgezogene Antrag jederzeit wieder gestellt werden. Das sei, meint Maurer, „ein schwacher Trost für eine vertane Chance“.