Nein zum neuen Ireneturm

Roland von Hunnius (FDP) zur Vorlage des Gemeindevorstands „Neubau Ireneturm“ in der GVe-Sitzung am 10.09.2019

Es sind vor allem drei Argumente, die dafür angeführt werden, einen Neubau des Ireneturms zu errichten, und zwar in der Form und nach dem Finanzierungsmodell, wie in der Vorlage des GVo beschrieben:

  1. das Traditionsargument
  2. das Frequenzargument
  3. das Kostenargument.

Bei aller Würdigung des hochspannenden Entwurfs, der uns von den Architekten und Ingenieuren präsentiert wird – für die Gemeindevertreter kommt es darauf an, wie sie diese drei Argumente einschätzen und gewichten.

1. Das Traditionsargument

Seit 1890 gibt es einen Aussichtsturm auf der Tromm, seit 1910 den Ireneturm in der heutigen Form. Er war Ziel seitdem unzähliger Wanderer und Besuchergruppen, bietet einen hervorragenden Über- und Weitblick und gehört zum Ortsbild – allerdings nicht der Gemeinde Rimbach, sondern eher des Grasellenbacher Ortsteils mit gleichem Namen. Der Turm ist seit über 6 Jahren Jahren nicht mehr begehbar. Ein Neubau steht zur Debatte. Alles nachvollziehbar.

Wenn an die Tradition des Ireneturms angeknüpft werden soll, frage ich mich allerdings, ob dies am besten dadurch geschieht, dass der denkmalgeschützte Turm bis auf den Sockel abgerissen wird und in Rufweite eine moderne Stahlkonstruktion entsteht, die attraktiv ist, aber gestalterisch mit dem bisherigen Turm überhaupt nichts zu tun hat. Tradition bewahren, indem der Turm geschleift und durch ein modernes Konstrukt ersetzt wird? Dabei hätte es Alternativen gegeben. Nicht heute Abend. Heute Abend liegt uns eine Gestaltung vor – wir können sie akzeptieren oder ablehnen.

Im Januar 2015 wurden Ideen präsentiert, die von Studierenden der TU Darmstadt entwickelt worden waren. Offenbar nichts als eine aufwändige Fingerübung. Parallel dazu, aber getrennt, stellte damals Markus Monnheimer in HP einen eigenen hölzernen Entwurf vor, der sich gestalterisch eng an den bestehenden Turm anlehnte. Wohl ebenfalls eine Fingerübung.

Über Gestaltungen und die Art der Ausführung (abgesehen davon, dass sie „offen“ sein sollte) wurde weder in Ausschüssen der GVe gesprochen oder gar vorentschieden, noch wurde die interessierte Rimbacher Öffentlichkeit in einer Bürgerversammlung in die Auswahlentscheidung einbezogen.

Die Befürworter argumentieren, der Turm erschließe den Betrachtern Natur und Landschaft. Stimmt, aber das wird durch Baumfällungen („20 – 200 Bäume“) und Naturzerstörung (Zu- und Abwege) teuer erkauft.

Mein Fazit: Man kann einen neuen Ireneturm als stählerne Himmelsleiter bauen. Aber bitte nicht mit dem Traditionsargument.

2. Das Frequenzargument

Zitat aus der Kurzbeschreibung des Projekts laut Antrag vom 19.04.2016: Das Geozentrum Tromm ist auf eine gezielte Steigerung der Frequentierung der Ortskerne konzeptionell ausgerichtet, um im Sinne der Städtebauförderung die Ortsmitten und deren Angebote intensiver zu nutzen.

Es stimmt: der Ireneturm liegt auf der Gemarkung von Rimbach-Zotzenbach. Aber niemand wird ernsthaft behaupten, dies sei die Ortsmitte von Rimbach. Wie soll die Frequentierung unseres Ortskerns durch den Ireneturm beflügelt werden? Wer von außerhalb mit dem PKW oder Motorrad den Ireneturm ansteuert, wird kaum den Weg über Rimbach wählen, sondern zweckmäßigerweise über Fürth und durch Grasellenbach. Wer vom Turm zurückfährt, passiert Rimbach nur, wenn er bewusst einen Umweg macht. Bleiben also Wanderer und Radfahrer, die in Rimbach starten oder nach der Turmbesteigung nach Rimbach zurückkehren. Davon ist beim besten Willen keine „intensivere Nutzung der Ortsmitte und deren Angeboten“ zu erwarten.

Anders für Grasellenbach: Die Gastronomie und künftig vielleicht weitere Betriebe wie Kioske können sehr wohl vom Turm profitieren. Es sei ihnen von Herzen gegönnt. Wir haben hier aber für die Gemeinde Rimbach zu entscheiden.

Mein Fazit: Man kann einen neuen Ireneturm als stählerne Himmelsleiter bauen. Aber bitte nicht mit dem Frequenzargument.

3. Und nun zum Kostenargument

„So günstig – für 21 Prozent der Bausumme – kommen wir nie wieder an einen neuen Turm.“ So etwa lautet die Argumentation der Befürworter. Stimmt. Aber:

  • Auch der höchste Zuschuss macht noch kein sinnvolles Projekt. Entscheidend ist doch die Frage: „Würden wir den Turm auch ohne Zuschuss bauen?“ Wenn wir diese Frage nicht guten Gewissens bejahen können, sollten wir das Projekt lieber streichen.

Nach gegenwärtigem Stand hat die Gemeinde einen Anteil von ca. 262.000 € zu schultern. Das sind 66.000 € mehr, als auf der GVe-Sitzung vom 15.11.2016 geschätzt (+41,7 %). Dazu kommt das „Drumherum“ – Installation der Antenne, Anschlusscontainer, Neuarrangement des Freibereiches – in unbekannter Höhe. Dazu kommen die Kosten für den Abriss des alten Ireneturms in Höhe von geschätzt 185.000 €. Dazu kommen jährliche Folgekosten von 12.000 bis 15.000 € (siehe GVe-Sitzung vom 15.11.2016). Alles dies sind Schätzungen. Ob das reicht, ergibt erst die Ausschreibung. Wenn nicht, wird – das lehrt die Erfahrung mit öffentlichen Bauwerken – höchstwahrscheinlich trotzdem gebaut. Der Bürgermeister hat in der HFA-Sitzung die Erwartung geäußert, dass die Baukosten ohne Abriss des alten Turms letztlich im Bereich zwischen 262.000 und 400.000 € liegen könnten.

Die Gemeinde Grasellenbach ist der größte Nutznießer des neuen Ireneturms. In puncto Finanzierung hält sie sich aber vornehm zurück und überlässt Rimbach den Vortritt. Besonders fair ist das nicht. Die Tromm ist schließlich der gemeinsame Hausberg von Rimbach, Grasellenbach und Wald-Michelbach. Warum soll allein Rimbach die Kosten für eine Attraktivitätssteigerung des Gebietes auf der Tromm schultern?

Zwei Fragen müssen erlaubt sein:

  • Ist der Bau des neuen Ireneturms die bestmögliche Verwendung der Rimbacher Steuermittel von geschätzt 350.000 €? Wir finden: nein! Es gibt durchaus Alternativen, die unserer Gemeinde größeren Nutzen bieten würden. In Zeiten heraufziehender Wolken am Finanzhimmel sind wir gehalten, den Mitteleinsatz besonders kritisch zu hinterfragen.
  • Welcher Ertrag, etwa in Form steigender Gewerbesteuereinnahmen, wird zur Refinanzierung der Investition und zur Deckung der jährlich laufenden Kosten erwartet? Eine belastbare Antwort auf diese Frage ist sehr schwer.

Hilfreich wäre ein Wirtschaftlichkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Möglichkeiten gewesen, wie er in § 12 Abs. 1 der GemHHVO gewesen. Leider liegt er nicht vor.

Mein Fazit: Man kann einen neuen Ireneturm als stählerne Himmelsleiter bauen. Aber bitte nicht mit dem Kostenargument.

Auch wir könnten uns einen neuen Ireneturm vorstellen:

  • Als regionale Attraktion im Rahmen eines überzeugenden mittel- und langfristig ausgerichteten Gesamtkonzepts
  • Als Bestandteil einer interkommunalen Zusammenarbeit zwischen den betroffenen Gemeinden mit fairer Lastenteilung
  • Auf der Grundlage eines realistischen und vollständigen Wirtschaftlichkeitsvergleichs
  • Unter Einbeziehung der Öffentlichkeit, insbesondere der Gewerbetreibenden
  • Eingepasst in die reizvolle Odenwald-Landschaft und gestalterisch anknüpfend an den bestehenden Irene-Turm.

Dies war der gedankliche Ausgangspunkt, als ich an den ersten Besprechungen auf der Tromm teilnahm. Mit der Vorlage vom 08. August hat sich der GVo leider davon entfernt.

Deshalb lehnt die FDP-Fraktion die Vorlage des Gemeindevorstands ab.

Roland_von_Hunnius
Roland von Hunnius

Startschuss für einen Gemeindeentwicklungsplan

Rede Roland von Hunnius (FDP) in der Gemeindevertretung am 26.06.2019

1982: Deutschland diskutiert über das Ende der Bonner Koalition, das Vereinigte Königreich erobert von Argentinien die Falkland-Inseln zurück, Massenarbeitslosigkeit und der Skandal um die Neue Heimat beschäftigen die Öffentlichkeit. In diesem Jahr – am 12.09.1982 – formuliert Bernd Maurer für die FDP-Fraktion einen Antrag zur Erstellung eines Gemeindeentwicklungsplans. Wörtlich heißt es in dem Antrag:

Der Plan soll für die Bauleitplanung, andere öffentliche Maßnahmen, insbesondere aber für die mittel- und langfristige Finanzplanung ein richtungweisender ‚roter Faden‘ sein.

Gefordert werden in dem Antrag

  • eine Bestandsaufnahme
  • Entwicklungsziele mit den Zielhorizonten 1990 und 2000
  • ein Maßnahmenkonzept.

Schon damals war die FDP der Überzeugung, dass das kommunale Pflichtprogramm aus Flächennutzungsplan und Bebauungsplänen zur Entwicklung und Umsetzung einer Zukunftsvision für die Gemeinde Rimbach nicht ausreichend ist.

Der damalige FDP-Antrag fand leider keine Mehrheit. 20 Jahre später – am 23.11.2002 – stellte die FDP-Fraktion einen weitgehend wortgleichen Antrag. Auch dieser wurde nicht angenommen. 2014 – am 23.01. – folgte erneut ein FDP-Antrag zur Erarbeitung eines Gemeindeentwicklungsplans. In der Begründung wurden als Themenfelder genannt:

  1. Städtebauliche Entwicklung und Leerstand
  2. Soziale Infrastruktur
  3. Bürgerschaftliches Engagement
  4. Bildung
  5. Verkehr
  6. Energie/Klima/Ressourcenschutz
  7. Technische Infrastruktur
  8. Wirtschaft/Tourismus
  9. Landschaft
  10. Kultur/Brauchtum
  11. Freizeit

Über diesen Antrag wurde beraten. Eine Entscheidung wurde aber nicht getroffen.

Am 14.05.2018 reichte die FDP-Fraktion diesen Antrag – leicht überarbeitet – erneut ein. Er besteht aus zwei Punkten:

  1. Die Gemeindevertretung strebt die Erarbeitung eines Gemeindeentwicklungsplans für die Gemeinde Rimbach an.
  1. Der Gemeindevorstand wird beauftragt, Voraussetzungen, Rahmenbedingungen, Fördermöglichkeiten und Vorgehensweise für die Erstellung eines Gemeindeentwicklungsplans zu klären und der Gemeindevertretung eine entsprechende Vorlage zur Beschlussfassung zukommen zu lassen.

Punkt 2 wurde beschlossen. Daraufhin lud der GVo zwei Beratungsbüros ein, die ihren Zugang zur Aufgabenstellung in den Ausschüssen anhand von Beispielen präsentierten.

Heute geht es darum, Punkt 1 zu verabschieden – also zu beschließen, dass ein Gemeindeentwicklungsplan erarbeitet werden soll. Auf der Grundlage dieser Grundsatzentscheidung kann der GVo dann alles Erforderliche in die Wege leiten und der GVe eine detaillierte Beschlussvorlage für das weitere Vorgehen zukommen lassen.

Fünf Leitlinien sind uns wichtig:

  1. Ein Gemeindeentwicklungsplan kann und darf nicht im stillen Kämmerlein geschrieben werden. Er ist eine Einladung an die Bürgerinnen und Bürger Rimbachs, sich mit ihren Zielen, Vorstellungen und Wünschen aktiv in den Prozess einzubringen. Der Prozess ist ergebnisoffen. Während der Entwicklungsarbeit gibt es immer wieder ein Feedback an die Bürger.
  2. Bereits entwickelte Ansätze – Stichworte: Agenda 21, Verkehrskonzept, Energiekonzept, Demografischer Wandel – waren nicht umsonst, sondern werden in die Überlegungen einbezogen.
  3. Gefragt ist nicht ein Plan, der sich auf die Kerngemeinde beschränkt, sondern ein integriertes Gesamtkonzept für die ganz Rimbach, das ganz bewusst die jeweiligen Stärken und Chancen der Ortsteile definiert und weiterentwickelt.
  4. Rimbach erfindet das Rad nicht neu. Erfahrungen anderer Gemeinden mit ähnlichen Projekten sollen ausgewertet und berücksichtigt werden. Vertreter der FDP-Fraktion hatten z.B. Gelegenheit, mit Kollegen und mit der Bürgermeisterin der Stadt Bürstadt zu sprechen. Unser Eindruck ist: von Bürstadt können wir viel lernen. Scheuen wir uns nicht, zu fragen.
  5. Wo immer möglich und sinnvoll, sollten wir öffentliche Förderprogramme nutzen, die – richtig eingesetzt – eine Förderquote von bis zu 70 Prozent bei der Umsetzung von Maßnahmen aus dem Gemeindeentwicklungsplan bieten.

Abschließend:

  • Der Gemeindeentwicklungsplan ist keine Glaskugel, die uns die nächsten 5 oder 10 Jahre zeigt. Aber Rimbach darf seine Zukunft nicht einfach erwarten, sondern muss sie gestalten.
  • Wer keine Ziele hat, kann keine Ziele erreichen.
  • Also müssen wir uns auf den beschwerlichen Weg machen, für unsere Gemeinde Ziele zu entwickeln und als Voraussetzung dafür das Ist vorurteilsfrei zu analysieren.
  • Daraus folgen Weichenstellungen, Handlungsalternativen und Strategien,die dazu beitragen, unseren Part zur Erreichung der gemeinsam erarbeiteten Ziele zu leisten.

Heute fällt der Startschuss zur Erarbeitung eines Gemeindeentwicklungsplans. Mit dem Plan stoßen wir das Fenster zu einer guten Zukunft unserer Gemeinde einen Spaltbreit auf. Damit auch unsere Kinder und Enkel mit Überzeugung sagen können: „Rimbach tut gut„.

Roland_von_Hunnius
Roland von Hunnius

Nachfolgend sind alle Anträge zum Thema „Gemeindeentwicklungsplan“ der vergangenen Jahrzehnte aufgeführt.

FDP für ergebnisoffene Diskussion

FDP Rimbach verwahrt sich gegen „Tatarenmeldungen“ – Chance zur Optimierung der Ortsmitte nutzen!

Der Rimbacher Waldbach im Bereich Rathausstraße/Marktplatz muss tragfähigkeitsbedingt neu verdolt werden. Die FDP Rimbach möchte diese aus sicherheitstechnischen Gründen erforderliche umfangreiche Baumaßnahme zum Anlass nehmen, eine ergebnisoffene Diskussion über die künftige Gestaltung der Ortsmitte zu führen. Gemeinsam mit SPD und Bündnis90/Die Grünen hat die FDP-Fraktion in der Gemeindevertretung im Dezember letzten Jahres den Antrag gestellt, zu prüfen, „in welcher Form Maßnahmen ergriffen werden können, die gleichzeitig das Ortsbild der Gemeinde gestalterisch aufwerten“.

Dabei geht es der FDP vor allem um eine attraktivere Gestaltung des Marktplatzes. „Das beginnt bei Blumenschmuck, reicht über den oberirdischen Einsatz von Wasser und die ‚Möblierung‘ des Platzes mit Sitzbänken und Stühlen und reicht bis zur Pflasterung“, erläutert der FDP-Orts- und Fraktionsvorsitzende Bernd Maurer in einer Pressemitteilung seiner Partei. Sein Stellvertreter Roland von Hunnius hat sich in anderen Kommunen umgesehen und dabei beispielhafte Vorschläge für eine gestalterische Aufwertung der Rimbacher Ortsmitte gefunden. Zwei Dutzend Fotos davon hat er Bürgermeister Holger Schmitt als Ansichtsmaterial übergeben. Gefragt seien Ideen. Natürlich koste die Neugestaltung auch Geld, aber keineswegs die vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Paul Kötter in einem Pressebericht in den Raum gestellte Summe von 1 Million Euro. Im Übrigen ließen sich seriöse Kostenschätzungen erst vornehmen, wenn eine Vorauswahl der geplanten Maßnahmen getroffen sei.

Mit der seit Jahrzehnten unveränderten Gestaltung der Ortsmitte bleibe Rimbach weit unter seinen Möglichkeiten. Es könne nicht sein, dass die erforderlichen Bauarbeiten sich allein auf den für Passanten unsichtbaren Untergrund beschränkten, sich nach Abschluss der Arbeiten aber oberirdisch das gleiche nicht mehr ganz zeitgemäße Bild biete. Im Gegenteil dürfe man die Chance umfassender Bauarbeiten nicht ungenutzt verstreichen lassen.

In dem interfraktionellen Antrag wird auch eine mögliche Teilöffnung des Bachlaufes erwähnt. Diese komme nach den zwischenzeitlich geführten Gesprächen für die FDP-Fraktion nicht mehr in Betracht. Es sei völlig deplatziert, „Tatarenmeldungen“ in die Welt zu setzen und die Rimbacher Bevölkerung mit Vermutungen und Unterstellungen zu verunsichern. Der FDP lägen gesunde Gemeindefinanzen mindestens genauso sehr am Herzen wie allen anderen Fraktionen der Gemeindevertretung. Aus diesem Grund haben die Antragsteller angeregt, erste Ideen zunächst in Kooperation mit den Studierenden benachbarter Hochschulen zu entwickeln, bevor ein Gestaltungskonzept erarbeitet wird. Der interfraktionelle Antrag sei im Geschäftsgang und werde nicht vor der geplanten Bürgerversammlung entschieden. Von der Erörterung auf dieser Bürgerversammlung erhofft sich die FDP wertvolle Anregungen und Hinweise für das weitere Vorgehen.

Haushaltsrede Roland von Hunnius

Haushaltsrede Roland von Hunnius (FDP-Fraktion) in der Gemeindevertretung Rimbach am 29.01.2019

Der Haushaltsplan ist die in Zahlen gegossene Gemeindepolitik. Deshalb ist die Sitzung, die über den Haushalt beschließt, die wichtigste des ganzen Jahres. Und deshalb ist die HH-Debatte Anlass, über die großen und aktuellen Vorhaben der Gemeinde zu sprechen.

Zunächst zu einigen Zahlen:

  • Der zahlungswirksame Überschuss aus Steuern und Umlagen liegt laut Planentwurf mit 5,8 Mio € zum vierten Mal in Folge über dem, der im Krisenjahr 2008 erreicht wurde. Die finanzielle Lage der Gemeinde ist immer noch angespannt, aber weitaus weniger als in so manchem Jahr in der Vergangenheit.
  • Die Entwicklung des Ergebnisses ist weit weniger erfreulich. Ein Überschuss von 22 T€ ist so gering, dass er fast nicht erwähnenswert ist. In 2017 wurden 1,6 Mio € erzielt, die Prognose für 2018 lautet: 378,4 Mio €.
  • Verglichen mit dem Ist des Jahres 2017 werden die Erträge in diesem Jahr lt. Plan um 606 T€ sinken, die ordentlichen Aufwendungen jedoch um 548 T€ steigen. Das ergibt einen Swing von rund 1,2 Mio €. Wollten wir das ordentliche Ergebnis von 2017 erreichen, müssten wir die Erträge um diesen Betrag steigern oder die Aufwendungen entsprechend senken. Jede der beiden Alternativen allein erscheint unrealistisch. Ziel muss es allerdings sein, die Finanzpolitik der Gemeinde in diese Richtung zu bewegen.
  • Steigende Gewerbesteuerträge durch zusätzliche Ansiedlung sind nicht zu erwarten. Mit der Beendigung der Bemühungen um das interkommunale Gewerbegebiet ist hier das Ende der Fahnenstange erreicht. Bleibt der Zuzug von jungen Familien, um wenigstens Mehreinnahmen aus Einkommensteueranteilen zu erzielen. Unter diesem Aspekt sind „Lessingstraße“ und „Krehberg“ große Schritte in die richtige Richtung, werden sich aber in diesem Jahr wohl noch nicht auf den HH auswirken. Ansonsten könnte die Anhebung der Hebesätze gemeindlicher Steuern unvermeidlich werden, die aber eine Negativspirale mit ungewissem Ende in Gang setzen könnte.
  • Ohne auf einzelne Positionen einzugehen, ist festzustellen, dass der HH nicht expansiv geplant ist, aber auch an keiner wichtigen Stelle Einsparungen (Ausgaben in € für 2019 unter dem Ist von 2017) realisiert werden.
    Vergessen wir nicht: Der HH ermächtigt dazu, Ausgaben zu tätigen- er zwingt aber nicht dazu, die Ansätze auszuschöpfen (Vielleicht gelingt es, Aufwandsansätze zu unterschreiten).
    Hoffnungsfroh stimmt mich eine Erfahrung: In allen Jahren, an die ich mich erinnern kann, waren die HH-Pläne konservativ gestaltet und das jeweilige Ergebnis besser als geplant (Wenn das auch in 2019 der Fall ist, haben wir Hoffnung, am Jahresende mit mehr als 22 T€ Überschuss herauszukommen).
    Schwierig war es schon immer, den HH zu konsolidieren und Einsparungen vorzunehmen: Der britische Politiker Anthony Eden hat diese Erkenntnis so formuliert: Jeder erwartet Sparsamkeit im Allgemeinen und Freigebigkeit im Besonderen.
  • Investitionen und Investitionskredite erreichen in 2019 einen Höchststand mit 7 bzw. knapp 14 Mio €. Die Neuverschuldung (insg. 6,3 Mio €) ist vertretbar, aber nur unter der Prämisse, dass die Refinanzierung des darin enthaltenen Investitionskredits zum Erwerb von Baugebieten noch während der Nullzinsphase – also ohne Zinsaufwand – erfolgt. Dies ist ein Risiko, das Gemeindevorstand und –verwaltung durch geschicktes Vorgehen und zügige Verkaufsstrategie minimieren müssen.
  • Liquiditätskredite müssen nicht aufgenommen werden. Alle laufenden Ausgaben sind durch Einnahmen gedeckt. Für diese gute HH-Politik wird die Gemeinde mit einem Zuschuss des Landes belohnt, der uns hilft, die Erneuerungsarbeiten an der Rathausstraße zu stemmen.
  • Die Altdefizite der Gemeinde werden (Vorbericht S. IX) per 31.12.2018 mit dem Eigenkapital verrechnet. Das ist eine realistische Entscheidung, Ballast abzuwerfen, zugleich aber das verbleibende Eigenkapital in korrekter Höhe auszuweisen. Zum Glück hat die Gemeinde – anders als das Land Hessen – ein positives Eigenkapital, mit dem die Altdefizite verrechnet werden können.

Zu einzelnen Vorhaben und Planansätzen:

Für den Aufwand für Sach- und Dienstleistungen besteht theoretisch ein Deckel in Höhe von 2,1 Mio €. Nach dem Verständnis der FDP-Fraktion bedeutet „Deckel“ nichts anderes als „Aufwandsobergrenze“. Anders ausgedrückt: Für Sach- und Dienstleistungen insgesamt dürften keine höheren Aufwendungen entstehen als 2,1 Mio €. Theoretisch. Tatsächlich sind aber 2,9 Mio € vorgesehen (S. XVI und XVII Vorbericht). Die Differenz entsteht durch Positionen wie

  • „zusätzliche Unterhaltungsarbeiten an den Friedhöfen“ (13.800 €)
  • „Aufstockung Leasingraten Bgm-Fahrzeug“ (4.000 €)
  • „Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz“ (2.000 €)
  • „Sonstige Preissteigerungen“ (40.000 €).

Solche und ähnliche Aufwandspositionen hätten u.E. aus der gedeckelten Gesamtsumme „herausgeschwitzt“ werden müssen. Ist diese nicht ausreichend, muss sie heraufgesetzt werden. Das wäre ehrlicher und transparenter, als die 2,1 Mio € stehen zu lassen, dann aber absehbare Mehrbedarfe draufzupacken. Genau dies sollte im HH-Entwurf für das kommende Jahr geschehen.

Investitionsprogramm (ausgewählte Vorhaben):

  • Investitionen für den Brandschutz (insg. 457 T€): sinnvoll und unerlässlich.
  • Anbau Kindergarten Rimbach (700 T€): sinnvoll und erforderlich. Wir erwarten sobald wie möglich eine detaillierte Vorlage des GVo
  • Sanierung Pfalzbachhalle (240 T€): Investitionsfortschritt im Rahmen der Planung. Der GVo wird gebeten, laufend über den Projektstand zu berichten.
  • Projekt Krehberg (1.900 + 290 + 1.630 = 3.820 T€): Darüber wurde schon unter TOP 1 gesprochen. Wir unterstützen das Vorhaben, bitten aber um Statusberichte.
  • Unverändert kritisch stehen wir zum Neubau des Ireneturms (590 T€). Auch ein Bundeszuschuss darf nicht dazu verleiten, Bauten ohne Gesamtkonzept und ohne Nutzen-/Kostenanalyse zu planen. Für den Abriss des alten Turms sind – offenbar ohne Finanzierungsanteil durch den Bund – in 2020 weitere 185 T€ vorgesehen. Die Überlegungs- und Planungsphase zieht sich inzwischen über Jahre hin, ohne dass die GVe seit dem Grundsatzbeschluss eine konzeptionelle Vorlage erhalten hätte. Die Gemeinde Grasellenbach wartet in Ruhe ab, was Rimbach in ihrem überwiegenden Interesse tut, ohne sie zu einer Kostenbeteiligung aufzufordern. Wir stellen trotzdem keinen Änderungsantrag, weil der GVo dem GVe-Mehrheitsbeschluss folgen muss, auch wenn wir das Projekt nicht für sinnvoll halten.
  • Die Position „Sozialer Wohnungsbau“ ist nicht mehr dotiert. Wenngleich sich die diesbezügliche Planung des GVo zerschlagen hat, ist das Problem nicht gelöst. Wir vertrauen auf die Zusicherung des Bgm, im Rahmen der Projekts Krehberg auch einen Investor für Sozialen Wohnungsbau zu suchen und die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.
  • Fuß- und Radweg nach Albersbach: Dieses Vorhaben zieht sich inzwischen über mehrere Bgm-Amtsperioden hin. Nachdem bisher Planungsdifferenzen mit dem Kreis bestanden, wird jetzt ein geeigneter Planer gesucht. Immerhin ein kleiner Fortschritt. Bitte, lieber Herr Bgm, verlieren Sie dieses Vorhaben nicht aus den Augen. Albersbach mag klein sein, aber es entwickelt sich zu einem Ausflugs-, Erholungs- und Geschäftsschwerpunkt unserer Gemeinde und darf nicht vernachlässigt werden.

Hier sind ein paar Wünsche und Anregungen für die Gemeindepolitik aus Sicht der FDP-Fraktion. Alle haben auch – aber nicht nur – finanzielle Bedeutung.

  1. Interkommunale Zusammenarbeit: Mit der Aufgabenstellung der Holzvermarktung soll sie jetzt im großen Rahmen erfolgen. Das unterstützen wir.

    Unser Antrag, die Waldbewirtschaftung im Konzert der Weschnitzalgemeinden gemeinsam auszuschreiben und HessenForst auf den Prüfstand zu stellen, wurde von der GVe abgelehnt. Schade. Was es gebracht hätte? Wer’s nicht versucht, wird’s nie erfahren. Dass der Odenwaldkreis genau diesen Schritt gehen will, zeigt, dass unser Gedanke nicht ganz aus der Luft gegriffen war.

    Die IKZ muss – das ist unsere Überzeugung – dringend fortgeführt und ausgeweitet werden. Alle reden von Digitalisierung. Digitalisierung ist mehr als ein Hotspot auf dem Marktplatz und der zurückgestellte Versuch, Sitzungsunterlagen digital zu erstellen. Die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen muss angegangen werden. Das kann sinnvollerweise aber nur im Gleichklang mindestens der Weschnitztalgemeinden erfolgen. Wir wünschen uns auf diesem Gebiet eine Schrittmacherfunktion für Rimbach.
  2. Datenvergleich mit anderen Kommunen: Um die Leistungen und Kosten der Gemeinde Rimbach besser einschätzen zu können und von anderen zu lernen, halten wir den Beitritt der Gemeinde zu einem Vergleichsring für sinnvoll, wie es Biblis, Mörlenbach, Einhausen und Alsbach-Hähnlein bereits getan haben. Wann startet Rimbach endlich mit dem Datenvergleich?
  3. Bauhofleistungen: über die konsequente Berechnung der vom Bauhof für Dritte erbrachten Leistungen außerhalb der Waldwirtschaft wurde schon oft gesprochen. Es wäre Zeit, damit zu beginnen.
  4. Kindertagesstätten: Kindergärten und Kleinkindbetreuung sind der Gemeinde in 2019 1,8 Mio € wert.

    • Prüfen sollte der GVo, ab wann die Option zum Erwerb der ev. KiTa gezogen werden kann und sollte.
    • Ich hoffe, dass es uns die Zusagen des Bundes gestatten, die Gebührenfreiheit auf die bisher noch fehlenden Bereiche – U3-Betreuung und Kinderbetreuung für mehr als 6 Stunden täglich – auszuweiten.

      Beides wären Themen für den SSK-Ausschuss.
  5. Grünflächen: Die Pflege gemeindlicher Grünflächen ist (S. 201) mit einem Aufwand von 137.000 € angesetzt. Gelänge es, die Hälfte der Grünflächen durch Bürgerpaten nach Anweisung des Bauhofs pflegen zu lassen, könnte ein Teil der dafür angesetzten Zeit durch den Bauhof anderweitig genutzt werden. Grund genug, in dieser Frage erneut bürgerschaftliches Engagement zu erbitten.
  6. Die Feuerwehrgebührensatzung feiert in diesem Jahr ihr 20. Jubiläum. Sie enthält in ihrer Anlage noch DM-Beträge und ist dringend reformbedürftig. Obwohl keine größere Entlastung des HHs durch neue Gebühren zu erwarten ist, kann die Neufassung einen positiven Beitrag beisteuern und vor allem dazu beitragen, die Leistungen der FFW Rimbach stärker wertzuschätzen.
  7. Bürgerflyer: Aufgrund eines FDP-Antrages von 2006 wird der Gemeinde-HH regelmäßig im Internet veröffentlicht.

    Inzwischen beschloss die GVe einstimmig, diese Info jährlich um einen kurzgefassten Bürgerflyer zu ergänzen, der die wichtigsten HH-Zahlen enthält. Das hat für den 2018er HH keinen Sinn mehr. Umso dringender erwarten wir vom GVo, diesen GVe-Beschluss mit einjähriger Verzögerung für den HH des Jahres 2019 auszuführen. Was in Bürstadt praktiziert wird, dürfte auch für Rimbach keine unüberwindlichen Hürden beinhalten.
  8. Gemeindeentwicklungsplan: Der FDP-Antrag war seit 2014 noch immer unentschieden „im Geschäftsgang“. Am 14.05.2018 wurde er von der FDP-Fraktion erneut eingebracht. Im HH-Plan 2018 – also im Jahr der Bgm-Wahl – war eine erste Finanzierungsrate von 10 T€ vorgesehen, wurde aber nicht verausgabt. Im HH 2019 findet sich leider keine Position mehr mit entsprechender Kennzeichnung.

    • Im HFA wurde ein erstes Gespräch mit einem möglichen Projektpartner geführt.
    • Ein zweites soll folgen. Wenn endlich nach jahrelanger Diskussion ein positiver Grundsatzbeschluss gefasst wird, dürfen die Vorbereitungen für die Planung nicht erneut – diesmal auf 2020 – verschoben werden.
    • Wir vertrauen darauf, dass der Start der Vorbereitungen im Rahmen der Gesamtposition von 15 T€ („Laufendhaltung, Abrundungssatzungen und Sicherheitsbetrag“) im Produkt 090101 „Bauleit- und Zukunftsplanung“ (S. 134) erfolgen kann.

Dann kann endlich in den Produktbeschreibungen die Zeile „Künftige Entwicklung“ ausgefüllt werden. Dort heißt es bisher lapidar: „Zukunftsziele müssen noch definiert werden“. Nachdem der Kreis seine „Vision Bergstraße“ innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen hat und Nachbarkommunen uns vormachen, wie ein mittel- und langfristiges Entwicklungskonzept erarbeitet wird, gibt es nach unserer Überzeugung auch für Rimbach keinen Grund weiter abzuwarten.

Die FDP-Fraktion wird dem HH-Plan und dem Investitionsprogramm zustimmen.

„Liberale Runde“: Agenda 2019

Die nächste „Liberale Runde“ findet am Donnerstag, 03. Januar 2019, um 19.30 Uhr im Gasthaus Zur Sonne in Rimbach statt.

Gesprächsthema ist die „Agenda 2019“ mit den Vorhaben von FDP-Ortsverband und -Fraktion für das Neue Jahr.

Eingeladen sind alle Bürgerinnen und Bürger, die an dem Thema interessiert sind – unabhängig von ihrer parteipolitischen Überzeugung oder Präferenz.

Termin: Donnerstag, 03.01.2019, 19.30 Uhr, Gasthaus zur Sonne, Bismarckstraße 1 (Markt), Rimbach.

Die „Liberale Runde“ tagt öffentlich.